
Da konnte ich nicht daran vorbeigehen, als ich es im öffentlichen Bücherschrank entdeckt habe. Nicht, weil ich irgendwelche Erinnerungen an die Handlung gehabt hätte. Aber die Illustrationen von Walter Trier (1890-1951) haben es mir angetan.
Dann habe ich „Emil und die Detektive“ fast in einem Zug durchgelesen. Liest sich ja leicht und ist auch ordentlich spannend.
Als kritischer erwachsener Leser hat mich die fast schon penetrante Lobhudelei gegenüber der Mutter des Helden Emil gestört. Nun ja, wie ich später gelesen habe, hatte Erich Kästner eine Art Mutter-Komplex – unübersehbar.
Was mir noch aufgefallen ist: Eine reine Jungen-Geschichte. Nur ein einziges Mädchen spielt eine Rolle. Eine kleine Rolle. Sie fährt eigentlich nur mit ihrem Fahrrad durch Berlin und bedauert, dass sie den Jungs um Emil keinen Kaffee kochen kann. Mit der Aufklärung des Falls hat sie wie selbstverständlich nichts zu tun.
An der Grenze zum Sozialkitsch die Darstellung der misslichen Lebensumstände von Emils Mutter, die ihr Geld als Aushilfe bei einem Frisör verdient, aber – siehe oben – herzensgut ist und ihrem ebenfalls durch und durch guten Emil mühsam zusammengespartes Geld mit auf die Reise nach Berlin gibt. Nun gut, Differenzierung sind nicht so kinderbuchgemäß.
Was ich nie verstanden habe: In dem berühmten Filmausschnitt von der Bücherverbrennung der Nazis 1933 werden Bücher von Erich Kästner verbrannt. Kästner befand sich unerkannt im Publikum und musste mit anhören, wie sein Name an dritter Stelle genannt worden ist. „Emil und die Detektive“ gehörte auch nicht zu den beanstandeten Werken, es waren die zahllosen Reportagen und Glossen, die Kästner um 1930 verfasst hat, die dem neuen Regime ein Dorn im Auge waren.
Beim Lesen habe ich mir ab und zu gedacht: Gut, dass die, die heute Kinder- und sonstige Literatur auf „anstößige“ Stellen durchforsten, noch (?) nicht bei „Emil und die Detektive“ angekommen sind. Denn eins steht fest: So, wie Kästner sein berühmtestes Buch geschrieben hat, würde es heute kein Lektorat mehr durchgehen lassen, schon wegen der erwähnten Rolle des einzigen Mädchens.