Im Bett unter der warmen Decke liegend sehe ich, während ich auf den Sonnenaufgang warte, dass auf dem Nussbaum und der großen Fichte schon einiges los ist. Elstern hüpfen hyperaktiv rum und machen wie immer den Eindruck, als ob sie sich zanken würden. Meisen nähern sich den beschneiten Zweigen eher von unten und picken kurz, um es dann sofort an einer anderen Stelle zu probieren. Eine Taube setzt sich auf den Nussbaum, plustert sich auf und tut nichts. Ganz oben auf der Fichte haben sich die Stare niedergelassen, und weil es gesellige Vögel sind, ein ganzer Schwarm, so viele, dass sie Schwierigkeiten haben, für jedes Mitglied des Schwarms einen geeigneten Sitzplatz zu finden, denn Stare setzen sich nur auf die allerobersten Baumspitzen, auch wenn diese so dünn sind, dass sie unter dem geringen Gewicht solch eines Vogels schon schwanken. Pulvriger Schnee stäubt herab. Die Stare sitzen auch nur da und tun nichts, außer auf die Sonne zu warten. Genau so wie ich. Aber warum stehen die Vögel zu diesem Zweck so früh auf? Bei der Kälte könnten sie es doch so wie ich machen und im Nest bleiben.
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Legenden aus Guatemala
Ich habe mal wieder ein Buch gelesen. Das ist schon bemerkenswert, denn in letzter Zeit bin ich zum Lesen gar nicht gekommen. Da ich über jedes gelesene Buch hier einen Eintrag mache, bräuchte ich nur auf die Kategorie „Bücher“ klicken und wüsste, wie viele Seiten ich dieses Jahr gelesen habe.
Jetzt also dieses kleine Insel-Büchlein. Schwere Kost. Die ersten Auflagen sind fast vollständig verramscht worden, dann hat Miguel Angel Asturias den Nobelpreis bekommen und mit diesem Etikett haben sich dann doch mehr verkauft. Tatsächlich hat Asturias nicht gualtematekische Legenden nacherzählt. Er stammt zwar aus Guatemala, hat aber schon bald in Europa gelebt, in Paris auch, wo er die Surrealisten kennengelernt hat. Er hat also guatemaltekische Legenden im Geiste des Surrealismus frei erfunden, eine Nachschöpfung, sagt man.
Das klingt dann so: „Berg in einem Vogel war die Erinnerung an ihren Vater und ihre Mutter, an ein vierfüßiges Tragtier von der Farbe der Regenpfützen, das sie auf dem Meere töteten, um das Land zu erlangen, ein Tier mit goldenen Augen, die auf ihrem Grund zwei schwarze Kreuzchen bargen, mit einem Geruch nach gefangenem Fisch und von so weiblicher Gestalt wie der kleinste Finger der Hand.“ Überpoetisch sozusagen, und eine Handlung wie üblich sucht man bei einigen Legenden auch vergeblich.
Kleine Nachbemerkung. Es hat mich gewundert, wieso diese so gar nicht der Doktrin des sozialistischen Realismus und auch gar nicht sozialkritischen Erzählungen auch in der DDR verlegt worden sind. Indigener Abstammung ist Asturias auch nicht, sondern er stammt aus der weißen Oberschicht Guatemalas, war gelernten Jurist und Diplomat. Da es aber im Verlagswesen der DDR keine Zufälle gibt, wird man nach ein wenig Suchen fündig. Ein strammer Kommunist ist Asturias gewesen, den „Internationalen Leninpreis für die Festigung des Friedens zwischen den Völkern“ hat er schon vor dem Nobelpreis bekommen, weil er sich stark im „Weltfriedensrat“ engagiert hat, einer Organisation, die wenig mit Frieden, aber viel mit Propaganda zu tun hatte. Wikipedia nennt sie kurz und knapp eine von der UdSSR gesteuerte Tarnorganisation, die auch dem KGB als Frontorganisation gedient hat – von all dem erfährt man im Wiki-Eintrag zu Asturias nichts.